HINTERGRUNDINFORMATIONEN ZUR REALISIERUNG 

Nehmen die Schonstetter das Projekt Dorfladen nun selbst in die Hand? 
Schonstett – Seit über einem Jahr fehlt in der kleinen Gemeinde die Einkaufsmöglichkeit. Das soll sich mit einem Dorfladen ändern. Welche Kriterien ein Nahversorger mit sich bringt und warum die Bürger jetzt selbst aktiv werden sollten erklärte ein Fachberater für Dorfläden am Mittwochabend (4. Juli 2018):

  

Wolfgang Gröll begleitet seit mehr als 28 Jahren erfolgreich Gründungen von Dorfläden in ganz Bayern. Er kennt die Antworten auf Fragen wie „Welche Erfolgsfaktoren garantieren das Überleben von Dorfläden?“, „Wer kommt als Lieferant für den Bürgerladen in Frage?“ oder „Welche Betreibermodellle haben in der Praxis eine Chance?“. 

Infos für die Schonstetter aus erster Hand 

Die Resonanz auf den Informationsabend am 4. Juli: Positiv. Rund 100 Schonstetter versammelten sich am Mittwochabend in der Mehrzweckhalle, um mehr über Dorfläden und ihre Hintergründe zu erfahren. Viele wünschen sich einen Dorfladen als zentrale Einkaufsmöglichkeit im Ort – das wurde schon auf der Bürgerversammlung 2017 deutlich. Doch seit der Schließung des Edeka-Ladens im April 2017 hat sich nicht viel getan. Zum Leidwesen von Bürgermeister Josef Fink, der nichts unversucht lässt, um die Nahversorgung in der rund 1400-Seelen-Gemeinde wieder zu gewährleisten. 
Es folgte eine Bürgerbefragung und die Suche nach alternativen Gebäuden, die den passenden Rahmen für einen Dorfladen bieten würden. „Doch hier hat der Denkmalschutz das letzte Wort und viele in Frage kommenden Gebäude wie der ehemalige Kramerladen am Kirchplatz sind sanierungsbedürftig“, erklärte Fink am Mittwochabend den Bürgern. „Im Rahmen der Dorfgespräche aber“, so der Bürgermeister weiter, „hat sich schon etwas in punkto Dorfladen bewegt“. 

Bei der Gründung eines Dorfladens gibt es laut Gröll drei Abschnitte: 

  • Sensibilisierungsphase: Hier erfolgt eine Bürgerinformation und -befragung, Aufklärung über das Projekt und die Gründung eines Arbeitskreises, der aus drei aber auch aus 70 Personen bestehen kann. 
  • Vorgründerphase: Die zweite Phase beinhaltet eine Machbarkeitsstudie für den Ort und beantwortet Fragen zu Rechtsform und Finanzierung. 
  • Umsetzungsphase: In der letzten Phase sollte das Grundkapital schon stehen und es geht um das Feinkonzept. Es werden Räumlichkeiten überprüft, Baumaßnahmen begleitet, die Rechtsträger festgeschrieben, Institutionen kontaktiert. 
    Allerdings gebe es Sollbruchstellen, die den Erfolg des Projekts schnell sterben lassen können – darunter das Scheitern des Arbeitskreises bei zu geringem Interesse der Bevölkerung, Kosten-Verkalkulierung in der Gründungsphase oder ein Wegfall der Räumlichkeiten. „Das ist freilich der Todesstoß für den Dorfladen“, mahnte Gröll. 
  • Ebenfalls zu beachten: Eine Kopplung von einem Dorfladen mit Untervermietungen wie beispielsweise Praxen oder Bibliotheken habe sich in der Vergangenheit nicht bewährt. Eine Kombination mit Café oder Bistro hingegen könnte laut Gröll klappen. Ideal seien aber zusätzliche Dienstleistungsangebote im Laden wie ein Annahme-Dienst für Apotheken-Rezepte, ein Überweisungs-Kasten für die Banken oder eine Post sowie eine Lottoannahmestelle. 

 

Doch wie wird aus Theorie Praxis? Der Erfolg, so erläutert Gröll, der Schonstett als Externer mit anderen Augen sieht, hänge von mehreren Faktoren ab: 

  • Dorfläden müssten sich bemerkbar machen, um zu wirken und sich mit ihrem Auftreten von der umliegenden Konkurrenz wie Supermärkten oder Discountern abzuheben. 
  • Die Erfahrung habe gezeigt, dass Dorfläden nicht zwingend teurer seien als Supermärkte und Discounter. Da die Produkte von regionaler Herkunft und kurzen Anfahrtswegen profitieren, hätten Dorfläden sogar günstigere Angebote. Fazit von Gröll: Discounter seien im Schnitt um 32 Prozent und Supermärkte um 43,7 Prozent teurer als Dorfläden und regionale Nahversorger. 
  • Vertriebsprofil: Was wird überhaupt angeschafft und wie soll der Laden aussehen? 
  • Leistungsträgerschaft: Wird der Dorfladen von den Bürgern, privaten Betreibern, Integrationsunternehmen oder öffentlichen Einrichtungen getragen? 
  • Die Frage nach den Kosten: Wer kümmert sich um die Finanzierung? 

Bei Letzterem seien im Falle von Schonstett die Bürger gefragt. Ein Arbeitskreis sei dringend notwendig, um das Projekt Dorfladen zu verwirklichen. Die Finanzierung hänge dabei jeweils vom Gebäude ab, die notwendigen Kosten seien im Vorfeld schwierig zu beziffern. „Für ein Dorf wie Schonstett würde ich aber schon mit einer sechsstelligen Zahl rechnen“, konstatierte Gröll. Eine realistische Ladengröße sieht der Experte bei 120 Quadratmeter. Pro Quadratmeter sollte man mit einem Parkplatz rechnen, da viele eher das Fahrrad nutzen oder zu Fuß kämen. 

Wie geht es nun weiter in Schonstett? 

Gröll zu den weiteren Schritten: „Im Idealfall finden sich nach der Versammlung in der Mehrzweckhalle Interessenten, die sich zu einem Arbeitskreis zusammenschließen. Dieser begleitet in der Regel dann die Sensibilisierungsphase und den Vorgründungsprozess und bewertet, ob die Bürger überhaupt empfänglich für einen Dorfladen sind.“ 
„Ob eine Sache gelingt oder nicht erfährt man nicht, wenn man darüber nachdenkt, sondern wenn man es ausprobiert.“ Mit diesen Schlussworten motivierte Gröll die Schonstetter zum Handeln. Ob nun etwas voran geht in Bezug auf den Dorfladen in Schonstett? Wir berichten weiter. 

Marina Birkhof

auf www.wasserburg24.de erschienen